Warum ein Baum Ohren hat – V-Zwiesel
Die Körpersprache von Bäumen richtig deuten
Warum hat ein Baum am Stamm Ohren? Manchmal teilt sich bei Bäumen der Stamm in zwei konkurrierende Hauptstämme. Wenn die Stämme im Bereich der Verzweigung, vor allem auf der Innenseite, sehr eng und steil zueinander stehen, kann sich mit der Zeit ein statisches Problem entwickeln.
Diese – wie der Buchstabe V aussehende – Gabelung wird V-Zwiesel genannt. Eingewachsene Rinde zwischen den Stämmen verhindert wie eine Trennschicht das Zusammenwachsen (gemeinsame Jahrringe) beider Stämme bei zunehmender statischer Belastung durch Wachstum.
Der Baum kann auf diese statisch problematische Verzweigung nur durch vermehrte Holzbildung an den Stammnähten reagieren, die dann aussehen, als hätte der Baum Ohren.
Bruchgefahr
Bei ausgeprägtem Holzanbau kann eine akute Bruchgefahr an einer solchen Stammgabelung vorliegen. Diese und weitere spannungsgesteuerten Reaktionsholzbildungen sowie die Anzeichen seiner Vitalität werden als die Körpersprache des Baumes bezeichnet. Sie hilft uns bei der Baumkontrolle, von Bäumen ausgehende Gefahren zu erkennen und rechtzeitig entgegen zu wirken. Häufig haben Bäume mit V-Zwiesel nur kleine oder sogar keine seitlichen Anbauten, wie Ohren. Dann jedoch sollte an anderer Stelle das stabilisierende Reaktionsholz ausgebildet sein.
In jedem Fall ist vorerst die fachliche Beurteilung des Baumes in seiner Gesamtheit notwendig.
Bei dieser Rotbuche in Wuppertal teilte sich der Stamm nicht nur in zwei, sondern gleich in drei Hauptstämme. Da noch weitere Anzeichen für eine vorhandene Bruchgefahr festgestellt wurden, musste dieser Baum gefällt werden. Im abgesägten Stammfußbereich zeigten sich dann mehrere Risse sowie das ganze Ausmaß eines Pilzbefalls.
Nicht jeder Baum mit Ohren muss sofort gefällt werden. Solche statischen Schwachstellen können häufig auch mit einer Kronensicherung und/oder einem Rückschnitt der entsprechenden Kronenbereiche entlastet werden.